Herr Quackler - Kapitel 1 (1. Fassung)
Wer Lust hat, einen ersten Eindruck von meinem (natürlich noch in Entstehung befindlichen) Kinderbuch "Herr Quackler" zu gewinnen, kann sich hier nun die Rohfassung des 1. Kapitels zu Gemüte führen. Sie ist sicher bei Weitem noch nicht perfekt und bedarf noch etlicher Überarbeitungen, trotz dessen: Viel Spaß beim Lesen!

Am Rande des großen Waldes lag ein kleiner, feuchter Tümpel. Seerosen bedeckten beinahe die gesamte Oberfläche des Wassers und ließen nur wenige Strahlen der Sonne in die Tiefen des Teiches vordringen. Über dem Tümpel schwebte eine graue Wolke, doch es war keine Regenwolke, die sich auf den Erdboden verirrt hatte. Nein, denn sie summte und brummte und bewegte sich hin und her. Es waren hunderte und aberhunderte von Mücken, die da über dem Wasser schwebten. Eine der Mücken erblickte im Westen ein rotes, warmes Licht – die Sonne, denn es war Abend und es dauerte nicht mehr lange, bis sie untergehen würde. Das neugierige Insekt flog also auf die leuchtende Scheibe am Firmament zu, über die blühenden Seerosen hinweg in Richtung des Röhrichts, das am Rand des Teiches üppig wucherte. Und wie sie flog, surrte ein langes, klebriges Etwas durch die Luft und erfasste die Mücke.
Denn dort, inmitten der Tümpelpflanzen in einer Hütte aus Schilf und Seerosenblättern, lebte ein Quackler, der sich gerade sein Abendessen fing. Dazu benutzte er, wie es für die Quackler üblich war, eine klebrige Peitsche, die er gekonnt durch die Luft schleuderte. Wie er das Tier gefangen hatte, löste er es von seinem Fanggerät und legte es in einen Korb aus geflochtenem Gras. Dann versuchte er, noch ein paar weitere zu erwischen. Denn obwohl Quackler keine besonders großen Geschöpfe sind, ist eine Mücke für das kleine Kerlchen doch nichts weiter als ein winziger Happen. Erst als sein Korb bis oben hin gefüllt war, rollte er seine Peitsche zusammen und machte sich auf den Weg zurück in seine kleine Hütte. Auf dem Weg hätte ihm eine Böe fast den geflochtenen Hut vom Kopf geweht, doch zum Glück war er schnell genug und bekam ihn noch zu fassen.
Er öffnete die Tür und trat ein in seine warme Stube. Seine Peitsche hängte er an einen Haken neben der Türe, seinen Hut hängte er an einen Kleiderständer, den Korb stellte der Quackler auf einen Tisch und öffnete ihn. Dann nahm er Mücke für Mücke heraus und entfernte die Flügel, denn die konnte man nicht essen. Den Rest schnitt er klein und gab ihn ins Wasser seines Kessels, das er, bevor er zum Mückenangeln nach draußen gegangen war, hineingeschleppt und zum Kochen über seine kleine Feuerstelle gehängt hatte. Neben den Mücken gab er noch ein wenig Grünzeug und Gewürze in das blubbernde Wasser. Während er wartete, bis die Suppe fertig war, deckte er seinen Tisch und rührte das Gebräu hin und wieder kräftig um. Man brauchte etwas Geduld, bis das Essen fertig zubereitet war, denn es dauerte einige Zeit, ehe das Wasser das köstliche Aroma der stechenden Insekten aufnehmen konnte. Erst als sich der Raum mit einem delikaten Geruch füllte, wusste der Quackler, dass sein Abendessen nun dazu bereit war, verspeist zu werden.
Er nahm eine Schöpfkelle, füllte seine Schüssel mit dem wohlriechenden Sud und setzte sich an den gedeckten Tisch. Nachdem er den kleinen Hocker zurechtgerückt hatte, begann er, zu essen. Köstlich! Vorzüglich! Ein wahrer Traum! Der kleine Quackler war ein guter Koch und alles, war er zubereitete, schmeckte fantastisch. Doch dieses Rezept hatte ihm seine liebe Mutter hinterlassen und es gab nichts, das er lieber aß.
Ihr fragt euch nun sicherlich, ob es denn noch andere Quackler gab. Ja, die gab es (wenn auch nicht viele), doch mit unserem kleinen Kerl hatten sie nichts am Hut und auch er machte sich nichts aus ihnen. Er lebte lieber allein, weshalb er recht bald von den anderen Quacklern weggezogen war, um abgeschieden in seiner kleinen Hütte am Tümpel zu wohnen. Generell bewegte er sich selten in Gesellschaft anderer. Zwar kannte er hier und da einen der Bewohner der umliegenden Gegend – alle keine Quackler, denn da war er der einzige weit und breit – doch den Großteil seiner Zeit verbrachte er zurückgezogen und allein. Es war nicht so, dass die Anderen ihn nicht mochten, aber sie kannten ihn nicht gut und wenn ihr mich fragt, kam er ihnen auch ein bisschen seltsam vor. Sie nannten ihn nur „Herr Quackler“, denn sein richtiger Name war ihnen unbekannt. Aber das war nicht schlimm. Ich glaube, er selbst hatte seinen Namen, nachdem er eine Weile hier gewohnt hatte, irgendwann vergessen. Und mit seinem neuen Namen war er, um ehrlich zu sein, ganz zufrieden. Schließlich war er genau das: ein Herr und ein Quackler. Wozu brauchte er auch irgendeinen besonderen Namen, um ihn von anderen zu unterscheiden? Er war schließlich der einzige Quackler hier und damit war er mehr als glücklich. Mit den meisten hier sprach er kaum, nur das Nötigste vielleicht und natürlich grüßte er sie stets, schließlich war er ja ein höflicher Herr. Es wäre allerdings gelogen zu sagen, dass er sich mit niemandem gut verstand. Hin und wieder besuchte ihn nämlich Herr Borro Buddler, der nicht weit vom kleinen Tümpel in einem Loch im Boden lebte. Ich möchte nicht behaupten, dass sie die engsten Freunde waren, aber sie mochten sich und trafen sich gern. Wenn Herr Buddler (er nannte ihn eigentlich niemals Borro) nicht zu Besuch kam und sie gemeinsam aßen, Pfeife rauchten und erzählten, gingen sie auch manchmal in der Umgebung spazieren, doch nie so weit, dass Herr Quackler nicht noch einen sicheren Blick auf seinen kleinen Tümpel werfen konnte.
Den heutigen Abend aber verbrachte er allein. Er schlürfte genüsslich seine Suppe und nahm große Schlucke aus dem Becher guten Bieres, der vor seiner Nase stand. Als er mit Schmausen fertig war, stand er vom Tische auf und räumte das Geschirr, nachdem er es abgewaschen hatte, in sein Regal. Dann griff sich Herr Quackler seine lange Pfeife und nahm in seinem gemütlichen Ohrensessel aus Rohrkolben Platz. Die Pfeife stopfte er mit getrocknetem Teichgras, welches er neben seinem Hause selbst anpflanzte. Mit einem kleinen Hölzchen entzündete er die Pfeife und paffte vergnüglich vor sich hin, während er beobachtete, wie die Flammen in der Feuerstelle fröhlich loderten. Wie er so in das Feuer starrte und Rauchringe in die Luft blies, die verträumt bis zur Zimmerdecke schwebten und sich dort zu durchsichtigen Schwaden verflüchtigten, spürte er, wie ihn etwas bedrückte. Es war nicht so, dass es ihm nicht gut ging oder ihm irgendetwas Kummer bereitete – nein, es ging ihm wunderbar und ihm war behaglich – doch aus irgendeinem Grund, den er nicht kannte, war sein Herz von Traurigkeit befangen. Da Herr Quackler die Pfeife irgendwann aufgeraucht hatte und nicht so recht wusste, was er mit sich anfangen sollte, schnaufte er ungeduldig.
„Heiliger Algenschlamm, hier ist es ja viel zu ruhig! Wie soll man da auch auf fröhliche Gedanken kommen?“
Herr Quackler stand auf, pfefferte die Pfeife gereizt auf den Esstisch und stampfte zum Schrank, wo er eine Schublade öffnete. Darin kramte er und kramte er fluchend, als würde er etwas suchen.
„Da bist du ja endlich!“, rief er erleichtert, als er seine zweiläufige Schilfrohrflöte herauszog. Zufrieden schloss er die Schublade und eilte zurück zu seinem Sessel, wobei er fast stolperte, so schnell wollte er dort hin. Der kleine Quackler setzte sich, rückte seinen Hintern zurecht und setzte die Flöte an seinen breiten Mund, um ein fröhliches Liedlein anzustimmen. Doch so sehr er es auch versuchte, es wollte ihm keines einfallen und so blieb ihm nichts Anderes übrig, als das zu spielen, was ihm in den Sinn kam. Doch diese Melodie war alles andere als fröhlich, sie war genauso trüb und traurig wie seine Stimmung zuvor. Die schweren, vollen Töne erfüllten den Raum und zusammen mit dem flackernden Feuerschein und dem Mondlicht, das durch die Fenster viel – es war nämlich mittlerweile Nacht geworden – stimmten sie Herrn Quackler sehr nachdenklich. Noch lange saß er so da und erst, als ihm beim Spielen der traurigen Melodie fast die großen Augen zufielen, kuschelte er sich in sein Bett und versank sogleich im Reich der Träume.