Blumenmädelein
Wo sieht man schön’re Blümlein stehn,
Als an den flachen Hängen,
Wo ganze Scharen, Mann und Fraun
Sich munterlustig drängen?
Dort suchen sie und pflücken sie
Im Regenbogenmeer
Und schweifen dort mit Blick, Geruch
Und Händen wild umher.
Da saß ein kleines Mädelein
Mit seiner Mutter dort.
Doch sehnt` es sich in all der Hast
Nach einem stillren Ort.
So als der Chöre hell Gesang
Und Mutters Stimm begonn,
Da stahl sich´s kleine Mädelein
Klammheimelich davon.
Es hüpfte über Gras und Holz
Und wettergrauen Stein,
Denn wollt es ja an weit entferntem
Ort alleine sein.
Die Auen wurden hängender,
Die Hänge wurden steil.
Ein Wunder war´s, dass´s Mädelein,
Bald überwand sie heil.
Da kam ein junger Bock heran,
Der ihre Blicke sucht`,
Der führte sie, sie folgte ihm
Durch eine tiefe Schlucht.
Und nach der Schlucht geleitet sie
Der Bock auf einen Berg,
Wo´s Mädelein erblickte höchst
Erstaunt ein Wunderwerk:
Dort lag ein See, kristallenklar
In frühlingsgrüner Flur,
Doch dazubleiben ließ der Bock
Sie nur nach einem Schwur.
Wenn sie einmal dies wundersame
Blumenland betrat,
Das hell von leuchtend Vogelsang
Und Glanz erfüllet ward,
Wenn sie auch einen Fuße nur
Setzt in den goldnen Ort,
Darf sie aus diesem Traumeland
Nie mehr und nimmer fort.
Nie mehr sah man das Mädelein
An jenen flachen Hängen,
Wo Menschenscharen sich um
Graue Blumenmeere drängen.
Doch selbst die Mutter, die
Dort munterfröhlich singt und lacht,
Hat seit dem Tag nicht einmal mehr
Ans Mädelein gedacht.
